Sind Machtspiele ein Korruptionsrisiko?

Ein Schachbrett mit Figuren symbolisiert den strategischen Charakter von Machtspielen in Unternehmen.

Man muß höllisch aufpassen. Der, der am erfolgreichsten ist, wird am meisten bekämpft.

Diese verbürgte Aussage eines CEO trifft eine Realität, die in jedem Unternehmen in irgendeiner Form existiert: Erfolg provoziert Machtspiele. Wer erfolgreich ist, dem werden Probleme bereitet. Denn die anderen sehen schlecht aus und wollen auch „ran“. Wie weit müssen und sollen solche Spiele toleriert werden?

Wer Machtspiele als positiv einschätzt, argumentiert vielleicht: Interne Konkurrenz erhöht die Anstrengung und produziert Kämpfernaturen – das Unternehmen kann nur profitieren. Wer Machtspiele analysiert, wird dagegen eher Formen der Korruption wiedererkennen. Gespielt wird auf der Grenzlinie zwischen dem Wohl des Unternehmens einerseits und dem Vorteil von Einzelpersonen und ihren Seilschaften andererseits. Insofern stellt sich die Frage auch aus Sicht einer „good governance“: Wie weit sind solche Spiele zu tolerieren?

Mit Korruption haben Machtspiele insofern zu tun, als sie auf Entscheidungen führen, die wirtschaftlich nicht begründbar sind. Ein negativer Business Case, der durch Bluff aufgebauscht wird, weil das Projekt ein Team besser stellt, diesem Budget zufließen lässt und seinem Erfinder den Glanz der Innovation verleiht. Ein zwar unqualifizierter und überforderter Quereinsteiger, aber alter Freund, den ein schwaches Mitglied der Geschäftsleitung von außen holt, um sich einen treuen Zudiener, Parteigänger und Agenten zu verschaffen. Als Sekretär der Geschäftsleitung den Korridor des CEO für wichtige, aber unliebsame Informationen und Kontakte blockieren, um Entscheidungen zu den eigenen Gunsten zu beeinflussen. Machtspiele nehmen viele Formen an. Die Spieler zeigen eine unermüdliche Kreativität.

Weshalb sind Machtspiele so weit verbreitet? Warum wird kaum dagegen vorgegangen? Weil nicht selten auch die oberste Führungsstufe ihre eigene Macht „spielerisch“ absichert, beispielsweise der CEO sich bewusst nur mit „Vertrauensleuten“ umgibt, die seine Entscheidungen abnicken, seine Aufträge kritiklos entgegennehmen und wie Lakaien ausführen.

Das alles muss nicht schlecht sein. Es gibt eine Moral des Machtspiels. Bis zu einem gewissen Grad sind „unsaubere“ Handlungsweisen wie Bluff, Vetternwirtschaft oder Korridorkämpfe Voraussetzung dafür, ein Ziel in der Organisation auch gegen Widerstand durchzusetzen. Insofern muss das Machtspiel nicht zwingend die destruktive Reaktion auf Erfolg sein. Es kann auch zu dessen Bedingung werden.

Dem steht eine Unmoral des Machtspiels entgegen. Wenn Führungsteams zu Schlangengruben werden, wenn aus blinder Rache Köpfe rollen, gerät das Unternehmensinteresse immer mehr aus dem Blick. Um eine Unterscheidung von Max Weber, dem Pionier der wissenschaftlichen Führungstheorie, aufzunehmen: Die Zone der Korruption ist definitiv dann erreicht, wenn es nur noch um Selbstberauschung geht und der Dienst an der Sache eingestellt wurde.

Das schreibt sich leichter hin, als es in Wirklichkeit ist. Wo genau endet die Moral des Machtspiels? Erst, wenn es im Unternehmen eine Blutspur hinterlässt? Wie auch immer die Frage im konkreten Fall zu beantworten ist, eines lässt sich kaum anzweifeln. Es existiert ein identifizierbares Korruptionsrisiko. Das Machtspiel ist eine (Vor)form interner Korruption, an der das Unternehmen Schaden nehmen kann. Das Risiko besteht darin, Machtspiele als „natürlich“ einzustufen und sie „einfach so“ zuzulassen. Welche Haltung nimmt die Unternehmensführung in dieser Sache ein?

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