Soll ich mich „committen“, muss ich auch weiterhin meinen Anblick frühmorgens im Spiegel ertragen können. Deshalb steht die Unternehmensführung auf dem Prüfstand. Sie muss Ziele bereitstellen, die für den Einzelnen als legitim gelten können. Andernfalls würde das Unternehmen eine innere Paradoxie heraufbeschwören, an der es auf Dauer zugrunde ginge. Einerseits wird vom Einzelnen erwartet, sich auf Ziele zu verpflichten, die für ihn moralisch inakzeptabel sind. Andererseits wird im gleichen Atemzug von ihm Integrität gefordert – also erwartet, dass er alles unterlässt, was ihm verwerflich erscheint. Damit degeneriert das Commitment zu einer organisierten Form der Korruption nach innen.
Wie muss man sich das vorstellen? Ein großer Autobauer gibt intern ein geheimes Projekt frei, um in Dieselfahrzeuge eine Manipulationssoftware zur systematischen Fälschung behördlicher Abgastests einzubauen. Nur diejenigen wären auf dieses Projekt „committed“, denen die Legitimität der Projektziele egal ist. Alle anderen würden sich auf solche Ziele, weil sie ihnen inakzeptabel erscheinen, nicht mehr festlegen lassen.
Das bedeutet: „Korrupte“ Ziele korrumpieren den Einzelnen, wenn er sich verpflichten soll. Das Commitment nähert sich dem Eid eines Mafioso, der seinem Paten unbedingte Treue schwört.
Um nicht ungewollt Korruption nach innen zu organisieren, hängt viel von dem, was man unscharf als „Commitment-Kultur“ bezeichnet und herbeiwünscht, von der ethischen Qualität der Unternehmensziele ab. Alle Ziele, die das Unternehmen für das Commitment des Einzelnen vorgibt, müssen einer ethischen Bewertung standhalten.
An dieser ethischen Bewertung der Ziele muss der Einzelne mitwirken können, beispielsweise dadurch, dass er seinen eigenen Beitrag zum Unternehmenserfolg eigenständig definiert. Zu Zielen, die er nicht mittragen kann, sollte er „Nein“ sagen dürfen – sanktionslos.
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