„Das Gute“ – dieser Satz steht fest – ist stets das Böse, das man lässt. Wilhelm Busch bringt in „Die fromme Helene“ das Risiko jeder strategischen Entscheidung auf den Punkt. Es besteht darin, dass das Gute, das man bewusst wählt und mit großem Einsatz anstrebt, mit einem Unwert verhaftet ist, den man übersieht.
In meinem vorherigen Beitrag habe ich den Ford-Pinto-Skandal erwähnt, um das Problem wertblinder Strategien zu veranschaulichen. Das Ford-Management stellte damals das Gut „tiefe Produktionskosten“ über alles, sogar über Menschenleben. Aus Kostengründen wurde ein Konstruktionsfehler am Pinto-Modell, der zu explosionsartigen Tankbränden bei Unfällen führte, nicht behoben. Dabei wurde genau der Unwert übersehen, der mit dieser strategischen Entscheidung in Kauf genommen wurde. Es wurde nur zwischen Umbaukosten und Haftungsklagen abgewogen – nichts weiter.
Das Pinto-Beispiel zeigt zweierlei: Erstens wurde deutlich, dass weder das Gute noch das Böse durch die von Ford praktizierte Güterabwägung identifiziert werden konnte, wie es auch der frommen Helene bei Wilhelm Busch vor Augen geführt wurde. Zweitens wird klar, dass strategische Wertblindheit einhergeht mit Blindheit gegenüber dem Unwert. Zusammengefasst legt dies nahe, dass Güterabwägung die falsche Methode ist, wenn es um ethische Risiken geht. Es wird suggeriert, dass die Werte strategischer Optionen gegeneinander abgewogen werden und saldierbar sind.
Für die konkrete Strategiearbeit im Unternehmen empfehlen wir daher, eine „professionelle“ ethische Bewertung strategischer Optionen vorzunehmen. Unsere Methode der „axiologischen Synthese“ ermöglicht dies, indem sie auf Erkenntnisse der Werttheorie zurückgreift. Der fundamentale Unterschied zwischen Güterabwägung und axiologischer Synthese wird gerade durch den Ford-Pinto-Skandal deutlich:
Es geht nicht darum, zu entscheiden, welche Alternative wertvoller ist. Es geht vielmehr darum, zwischen dem Wertvollen und seinem Unwert zu entscheiden, der damit verbunden ist. Es muss also entschieden werden, was für das Wertvolle in Kauf genommen werden kann – ob das Böse, das man lassen möchte, nicht gerade das vermeintlich Gute ist, das man wählt.
Die axiologische Synthese ermöglicht eine strategische Entscheidung im Hinblick auf einen übergeordneten Wert – wie der Begriff „Synthese“ bereits andeutet. Im genannten Beispiel bedeutet dies die Betrachtung des nicht monetär messbaren Werts eines Menschenlebens und dessen, was mit einem kostengünstigen Kleinwagen für die Ford-Kunden erreicht werden soll.
Die Methode der axiologischen Synthese verbessert die Strategiearbeit, indem sie das Risiko der frommen Helene verringert – das Risiko, dass das bewusst gewählte und strategisch angestrebte Gute mit einem Unwert verbunden ist, den man übersieht.
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