Korruption kostet Vertrauen

Ein Mitarbeiter nimmt eine Bestechung an.

Schmiere in Form von Fett? Schmierfett? Schützt vor Rost und Verschlei. Schmiere in Form von Geld? Schmiergeld? Bewirkt das Gegenteil. Es verschleit Vertrauen.

Schmiere in Form von Fett – Schmierfett – schützt vor Rost und Verschleiß. Schmiere in Form von Geld – Schmiergeld – bewirkt das Gegenteil. Es verschleißt Vertrauen und lässt es verrosten. Dabei kommt es nicht auf das Geld an, weder auf die Höhe der Zuwendung noch auf die Währung, seien es Geschenke, Aufmerksamkeiten oder Vorteile. Korruption kostet das Unternehmen einen Schlüsselwert – die Fähigkeit, nach innen und nach außen vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen.

Ach ja? Man könnte einwenden: Wer käuflich ist, wird berechenbar. Insofern könnte man darauf vertrauen, dass alle, die sich kaufen lassen, genau das tun, wofür sie gekauft wurden. Beispielsweise könnte man schwankende Funktionäre auf Linie bringen und müsste den Zuschlag für eine Fußballweltmeisterschaft nicht mehr dem Zufall überlassen.

Indessen, geht dieses zynische Kalkül auf? Schürt Käuflichkeit nicht gerade Misstrauen?

Einem Notfallarzt, der mich behandelt, nur weil ich ihn geschmiert habe, kann ich wohl kaum vertrauen. Denn ich müsste wissen, wie es bei ihm läuft: Sobald ein anderer Patient mehr bietet, bricht er die Operation ab und schiebt mich in den Kühlraum.

Das Beispiel – das übrigens empirisch belegt ist – mag drastisch erscheinen. Aber bereits die Sprache deutet in seine Richtung. „Bestechung“ stammt wortgeschichtlich aus dem Bergbau und bezeichnete buchstäblich die „Stichprobe“. Mithilfe eines sogenannten Grubenmessers wurden die Stollenbalken angestochen. Waren sie rissig und morsch, hielten sie dem Stich nicht stand. „Bestechung“ bezeichnete also eine Belastungsprobe für tragendes Material.

Das bedeutet: Korruption meint die paradoxe Umkehrung des ursprünglichen Wortsinns. Wer besticht, der will keine Standhaftigkeit testen. Er will, dass der Bestochene tatsächlich einbricht. Und: Je morscher, je verkommener die bestochene Person, desto besser! Genau aus diesem Grund kann ich im Korruptionsfall nicht mehr vertrauen. Wer sich bestechen lässt, der stellt seine Verdorbenheit unter Beweis. Wer besticht, der setzt darauf, dass Menschen sich wie morsche Stollenbalken als brüchig erweisen.

In diesen beiden Hinsichten zerstört Korruption Vertrauen. Den Bestochenen kann ich keinesfalls vertrauen – weil sie bereits eingebrochen sind. Dem Bestecher ebenso wenig. Denn dieser will ja nichts anderes als bei anderen genau das bewirken, was mein Vertrauen zerstört und mich zu höchstem Misstrauen alarmiert.

Schließlich wird in diesen beiden Hinsichten meine These bestätigt – unabhängig sogar von speziellen, äußeren, abweichenden Umständen. Es spielt keine Rolle, ob Korruption strafbar ist oder erlaubt; ob die Marktkultur sie fördert oder sogar fordert. Korruption im Unternehmen – sei sie passiv, sei sie aktiv – senkt prinzipiell die Fähigkeit, vertrauensvolle Beziehungen anzubieten, einzugehen und aufzubauen.

Mehr Informationen zu Zusammenarbeit.