Prof. Dr. Ulrich Zwygart
Sie war sehr committed“ oder „er fühlte sich bei dieser Aufgabe nicht committed“ sind Sätze, die ich öfters höre. Wieso, frage ich mich, wird das persönliche Commitment so betont? Was bewirkt es, committed oder nicht committed zu sein?
Commitment ist ein Wort aus der englischen Sprache und bedeutet Verpflichtung, Bindung, aber auch Zusage und Einsatz. Während die beiden erstgenannten Begriffe ein verantwortliches Handeln beinhalten, bedeuten die anderen nur eine Bereitschaft, ein Signal zum Engagement. Zwischen der Pflicht gegenüber einer Organisation oder einem anderen Menschen und der Aussage, man sei bereit für etwas oder man werde sich engagieren, liegen Welten. In der einen Welt steht eine Person für eigenes Handeln gerade, sie ist verantwortlich, weil sie sich verpflichtet hat. In der anderen Welt erteilt man erst die Zusage, sich zu engagieren; von Pflicht und Verantwortung ist (noch) nicht die Rede.
Wer in einer Führungsposition ist, kann sich nicht nicht committen. Als Führungskraft steht jede Person in der Verantwortung für Ziele, Resultate und Leistungen und gleichzeitig für die ihr anvertrauten Menschen. Sie ist kraft ihrer Funktion verpflichtet, Ziele mit anderen Menschen zu erreichen. Das Commitment ist darin enthalten. Sie braucht es nicht zu erwähnen, kann sich aber auch nicht aus der Verantwortung stehlen.
Könnte es sein, daß das Commitment ein Begriff aus unserer individualistisch und anglo-amerikanisch geprägten Gesellschaft und Wirtschaft ist? Fühlt Mann oder Frau sich erst dann verpflichtet, wenn es ihm oder ihr paßt, weil ein persönlicher Vorteil verbunden ist? Leben wir in einer Welt, in der sich der einzelne zuerst committen muß, bevor er handelt?
Jedes Arbeitsverhältnis, jede Führungsposition, jeder Vertrag (bereits der Handschlag) beinhalten eine Verpflichtung, die über das Individuelle hinausgeht und ein Commitment einschließt: Das Individuum steht in der Pflicht, eine Leistung zu erbringen; im Gegenzug erhält es ein Salär, eine Dienstleistung oder eine Ware. In der Verantwortung steckt die Verpflichtung für das „wir“ und die Rechenschaftspflicht für den Fall des Scheiterns.
Honorarprofessor der Universität St. Gallen für Unternehmensführung; Divisionär aD, ehemaliger Managing Director der Deutschen Bank und Chief Learning Officer der Zurich Insurance Group; Berater von Konzernleitungen; Autor mehrerer Bücher über Leadership & Management. 2007 erhielt er den Swiss Economics Books Award.