Was, wenn sich Unternehmen weiterhin an der alten Werteordnung der Despotie orientieren? Den Wertewandel kann niemand zurückdrehen. Wer es trotzdem versucht, bezahlt ihm Tribut.
Was eigentlich ist Wertewandel? Um ein drastisches Beispiel aus Makrosicht zu finden, gehen wir in der Weltgeschichte weit zurück und betrachten die Wertsphäre, die wir ???Freiheit??? nennen.
In der altorientalischen Despotie war nur der Herrscher frei, alle anderen waren ihm unterworfen. Diese Ordnung wurde als derma??en wertvoll empfunden, da?? sie über Jahrtausende als alternativlos galt.
Im klassischen Griechenland waren nicht nur Einer, sondern Einige frei, die männlichen Bürger Athens, der Rest mehr oder weniger rechtlose Frauen und Sklaven. Diese Ordnung erschien wertvoller, als nicht mehr steigerungsfähiger Fortschritt gegenüber der altorientalischen Despotie, welche die Orientalen aus Sicht der Athener buchstäblich zu ???Barbaren??? machte.
Heute genügt uns dieses Wertverständnis nicht mehr. Im demokratischen Rechtsstaat westlicher Prägung sind alle frei, selbst Frauen und Kinder. Sklaverei und alle politischen Formen der Unterwerfung sind geächtet.
Dieser Wertewandel der Freiheit ??? vom Einzelnen, zu Wenigen, zu Allen ??? mag sich zwar nur sehr zögerlich vollzogen und riesige Zeiträume ausgefüllt haben, aber er ist radikal. Wie radikal, sollte man sich eigens vor Augen führen. Genausowenig wie ein ägyptischer Pharao wäre ein altathenischer Bürger heute imstande, sich in das Wertesystem westlicher Märkte einzufügen. So blickte er beispielsweise mit grö??ter Abscheu auf angestellte Manager ??? denn wer im antiken Griechenland frei und achtbar war, der ging keiner Lohnarbeit nach.
Was hat das alles mit Management zu tun? Wenn die einst gültigen Werte radikal umgewertet werden, so ist das insbesondere auch für den Markt relevant. Zur Verdeutlichung kann man sich fragen: Was, wenn sich Unternehmen weiterhin an der Werteordnung der Despotie oder der Sklavenwirtschaft orientierten?
Der Markt für Sklavenschiffe ging im 19. Jahrhundert zugrunde, als Sklaverei in der westlichen Welt definitiv illegitim geworden war. Natürlich existiert sie weiterhin, und es existiert auch ein Markt für Sklaverei. Er blüht fast überall und diffundiert selbst in die Wertschöpfungskette Schweizerischer Gro??unternehmen wie des Nestlé-Konzerns. Allerdings in unserem gültigen Wertesystem nur jenseits der Grenze des Legitimen. Deshalb war im Fall Nestlé der Skandal die Konsequenz. Er zeigt, wie hart der Wertefaktor tatsächlich ist. Den Wertewandel kann niemand zurückdrehen. Wer es trotzdem versucht, bezahlt ihm Tribut.