Weshalb systematische Müllabfuhr unverzichtbar ist, was sie mit negativer Ethik zu tun hat und inwiefern sie erfolgreicher macht. Eine Binsenwahrheit, die leider keine mehr ist: Wer Neues beginnen will, mu?? die Hände frei haben. Im Job hingegen kommt immer etwas Neues hinzu ??? obendrauf, zusätzlich und allem anderen, das erledigt sein will, zum Trotz. Das gilt auch und ganz besonders für den Jahresbeginn. Was tun? Der Jahresausklang ist die Chance, Abhilfe zu schaffen. Anstatt die Fuhre der persönlichen Ziele, Projekte und Vorsätze weiter zu beladen, innehalten und überlegen: Was will ich im Neuen Jahr nicht mehr tun? Dem ehrgeizigen Macher mag diese Frage zwar ketzerisch erscheinen, aber sie befreit. Sie öffnet den Blick für das, was nur getan sein will um des Tuns willen; für Zeitfallen; für das, was offenbar auf einem Irrtum beruhte; für das, was sich nicht bewährt hat. Und sie erhöht die Aussicht auf Erfolg: Sie konzentriert die Kräfte. Diese Idee stammt nicht von mir. Fredmund Malik nannte sie “systematische Müllabfuhr” und erklärte sie kurzerhand zu einem unverzichtbaren Instrument. Die Gefahr des Verzettelns sei sonst viel zu gro??. Zum ersten Mal formuliert wurde sie vom Philosophen Henning Ottmann als “negative Ethik”. Aufzuhören helfe, keine neuen Probleme zu schaffen. Und kürzlich hat unser Rubicon-Autor Reinhard Sprenger ein ganzes Management-Buch zum Prinzip der systematischen Enthaltung von allem ??berflüssigen publiziert. Was diese Vordenker allerdings nicht klären: Wo und wie in meinem Pflichtenheft finde ich die Entsorgungskandidaten? Und wie entledige ich mich ihrer? Vier Antworten: 1. Ich konzentriere mich auf meine Schwerpunktsphäre. Hier liegen meine Ziele und Committments, meine wichtigen Aufgaben. Das bedeutet: Jeder Energieaufwand au??erhalb dieser Sphäre schwächt meine Effektivität. Deshalb ist er grundsätzlich und immer wieder in Frage zu stellen. Zwar verfolge ich Interessen auch au??erhalb meines Schwerpunktes: Networking, Konferenzen, Tagespolitik (und noch vieles mehr). Aber mit zunehmender Entfernung von meinem Mittelpunkt kann ich dort nur abnehmende Wirkung erzielen ??? bis hin zu Interessen jenseits meiner Einflu??sphäre. Also finde ich in dieser Peripherie sicherlich einiges, das ich für das neue Jahr aus meiner Agenda streiche. 2. Ich überlege mir, was zwar mühsam und vielleicht erfolglos war, was aber weiterhin meine Beharrlichkeit erfordert. Müllabfuhr ist etwas ganz anderes als vorzeitig aufzugeben. Deshalb sondere ich nur das aus, was aus einem ganz anderen Grund mühsam geworden ist: weil es nicht mehr pa??t und nichts mehr zum Erfolg beiträgt. 3. Ich überprüfe, wo im vergangenen Jahr ich Feedback erhalten habe. Und wo dieses Feedback ausblieb. Ich kann mir vornehmen, vom ersten mehr zu machen, vom anderen weniger. 4. Auf dieser Datengrundlage erstelle ich eine Liste der Streichkandidaten: periphere, überholte und wirkungslose Tätigkeiten. Nun entscheide ich mich mindestens für ein oder zwei Dinge, die im vergangenen Jahr erheblich Zeit erforderten. Im nächsten Jahr werde ich diese Dinge nicht mehr anrühren. Die Entscheidung ist nicht unerheblich. Sie ist mit einem gewissen Risiko etwas zu verpassen verbunden, im Zwischenmenschlichen mit dem Risiko, Erwartungen zu enttäuschen. Aber sie eröffnet die Chance, meine Zielwirkung zu erhöhen.