Der Kampf um Macht im Korridor
Im Streben nach Macht bleibt im Korridor niemand neutral. Hier ist jeder entweder Freund oder Feind – egal ob im Büro, an der Bar oder im Schlafzimmer.
Die Dynamik der Macht im Korridor, ein Bereich, in dem der Freund-Feind-Code eine Rolle spielt, wurde von Carl Schmitt detailliert beschrieben. Schmitt ist ein umstrittener Denker der Macht, der aus eigener Erfahrung als juristischer Berater im Korridor Hitlers spricht. Laut Schmitt ist der Korridor der Ort, an dem der Kampf um Macht ausgetragen wird, und Neutralität hat hier keinen Platz.
Wer sich des Machtkampfes im Korridor nicht bewusst ist, wird selbst niemals Macht erlangen. Es ist daher entscheidend, das eigene Verhalten auf den Kampf im Korridor auszurichten. Der Kampf um den Korridor ist allgegenwärtig und durchdringend. Es gibt keine Macht ohne den Kampf um den Korridor – keine Entscheidungsgewalt, keinen Einfluss, keine Durchsetzungsfähigkeit.
Dieser Machtkampf erstreckt sich über die Grenzen des Büros hinaus und durchdringt Geschäftsdinner, Golfrunden und reicht sogar bis in die intimsten Räume wie das Schlafzimmer oder das Krankenzimmer.
Worin besteht also dieser Kampf? Es geht darum, Zugang zur Machtposition zu erlangen. In der Nähe der Machthaber, sei es der Chef, warten im Korridor Mitarbeiter, Berater, Kollegen, Lobbyisten und Selbstdarsteller. Sie streben danach, exklusiven Einfluss auf den Machthaber zu nehmen – sei es durch Informationen, Meinungen, Schmeicheleien oder auch als beauftragte oder erfolgreiche Erfüller von Aufgaben. Manchmal reicht schon ein visueller Eindruck, um die Entscheidungen des Chefs in die gewünschte Richtung zu lenken. Der Kampf um den Korridor ist ein indirekter Kampf um die Spitzenposition.
Daher streben alle danach, Einlass in den Korridor des Chefs zu bekommen. Möglichst als Erste, ohne Voranmeldung, so dass andere warten müssen. Natürlich möchten sie alle erfolgreich sein und einen Teil der Macht vom Chef abzweigen, indem sie ihn beeinflussen.
So funktioniert es: Je mehr Macht der Chef hat, desto isolierter wird er. Die direkte Kommunikation und Informationsbeschaffung des Chefs beschränkt sich immer mehr auf ausgewählte, exklusive Personen. Bill Clinton hat rückblickend auf seine Amtszeit als US-Präsident beschrieben, wie sehr er den Bezug zur Realität im Korridor seiner eigenen Macht verloren hat.
Auch wenn dies ein extremes Beispiel sein mag, gilt das grundlegende Prinzip für alle Machtpositionen. Laut diesem Mechanismus bildet sich rund um jede einflussreiche Person sofort ein Vorraum der Macht – der Korridor. Dieser hebt den Chef, wie Schmitt es ausdrückt, in eine „Stratosphäre“, wo er nur noch diejenigen erreicht, die ihn indirekt beherrschen. Diejenigen, über die er Macht ausübt, sind nicht mehr erreichbar und umgekehrt. Außerhalb des Korridors ist der Chef unerreichbar.
Wer daran zweifelt, kann es selbst ausprobieren. Er sollte versuchen, seinen obersten Chef anzurufen. Wenn das Gespräch prompt entgegengenommen wird, gehört er zum Korridor und übt indirekt Macht aus. Wird er jedoch vom Sekretär, der Assistentin, dem Stellvertreter oder sogar vom Wachmann im Korridor abgefangen, gehört er zu denjenigen, die beherrscht werden.
Laut Schmitt spielt die Freund-Feind-Unterscheidung eine entscheidende Rolle in der Politik. Während diese berühmte These auf großer politischer Ebene heftig diskutiert wurde, könnte sie auf einer kleineren Ebene verstanden werden: Im Korridor der Macht helfen Freunde und lauern Feinde. Es ist im Korridor erkennbar, wer ein wahrer Freund ist und wer ein stiller Feind ist. Warum? Weil im Korridor ein Kampf ausgetragen wird, in dem Neutralität in Bezug auf die Macht nicht mehr möglich ist.
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