Digitalisierung setzt sich erst durch, wenn sie out ist

Die Zukunft der Digitalisierung ist jetzt.

Eine The Economist-Umfrage zeigt, daß Bürger es vorziehen, Gebühren bei der Behörde direkt über das Internet zu begleichen. Parkgebühren sollten zukünftig ganz einfach über die Internetplattform abgewickelt werden — ohne Kleingeld, ohne in der Schlange vor dem Automaten zu warten.

Public Data Systems ist ein Startup von acht Mitarbeitern. Es ermöglicht, solche Gebühren online zu begleichen. Die Idee überzeugt. Behörden und Investoren haben in das Unternehmen über 60 Mio investiert. Das Team wird auf 120 Mitarbeiter aufgestockt und der Kreis der Kunden und Stakeholder vergrößert. Public Data Systems zeigt, wie neue Geschäftsideen durch Digitalisierung den bestehenden Markt verändern, neue Arbeitsplätze schaffen, mehr Komfort für Konsumenten und den beteiligten Firmen Differenzierungsmöglichkeiten verschaffen. Was wie eine Berichterstattung aus der aktuellen Digitalisierungswelle tönt, stammt aus dem Jahr 2000. Digitalisierung hieß damals E-Economy. Das genannte Startup war später unter dem Namen Govworks bekannt geworden — als eine der größten Dotcom- Pleiten der Geschichte. Heute wie damals? Befinden wir uns mitten in einem sogenannten Hype-Cycle, und zwar in seinem aufsteigenen Ast kurz vor dem „Gipfel der überzogenen Erwartungen“? Das Modell des Hype-Cycle wurde 1995 von der Gartner-Beraterin Jackie Fenn geprägt*, um die Einführung neuer Technologien auf dem Zeitpfeil beurteilbar zu machen. Der Hype-Cycle durchläuft mehrere Phasen:

Technologischer Ausloser
Ausgelöst durch einen Durchbruch oder ein viel beachtetes Ereignis, das in Fachkreisen auf Interesse stößt. Erste Firmen steigen auf das Thema auf — oft Beratungsfirmen.

Gipfel der uberzogenen Erwartungen
Es überstürzen sich die positiven Berichte. Da Erfahrungswerte fehlen, werden schnell spontaner Enthusiasmus und unrealistische Erwartungen geschürt.

Tal der Enttauschung
Da sich nicht alle Hoffnungen erfüllen, nimmt das Interesse an der Berichterstattung ab und die Technologie wird als „nicht mehr auf dem neuesten Stand“ zurückgestuft.

Pfad der Erleuchtung
Während die Aufmerksamkeit abnimmt, ebnen nun realistischere Einschätzungen den Weg zur produktiven Anwendung.

Plateau der Produktivitat
Sobald die Vorteile einer Technologie allgemein akzeptiert sind, befindet sie sich auf dem Plateau der Produktivität. Die Technologie wird in zweiter und dritter Generation weiterentwickelt und liefert solide Ergebnisse.

Was also ist vom Business-Case der Govworks auf dem Plateau der Produktivität übrig geblieben? E-Zahlungssysteme erlauben das Begleichen von Rechnungen auf elektronischem Weg. Was von der Digitalisierung wird das Plateau der Produktivität erreichen? Was wird auf der Strecke bleiben? Hier gilt es zu beachten, daß Digitalisierung natürlich eine Zusammenfassung verschiedener Technologien ist und es damit gilt, jeden einzelnen Business Case zu analyisieren. Diese Frage — was wird von der Digitalisierung übrig bleiben? — ist jedenfalls der systematischen Angstproduktion entgegenzuhalten, daß, wer nicht digitalisiere, dem Untergang geweiht sei. Hier kann das Modell des Hype-Cycle den Erwartungsdruck vermindern und etwas Gelassenheit in das kurzatmige Highttech- Geschäft zurückbringen. Eines ist gewiß: Jede Technologie wird sich durch den beschriebenen Zyklus bewegen. Zuerst mit überhöhten Erwartungen und Versprechungen und bald einmal durch ein Tal der Tränen. Also wird sich eine Technologie wohl erst durchsetzen, wenn sie schon angezweifelt und abgeschrieben wurde. Jacke Fenn meint dazu: Mach nicht mit, weil es in ist. Verpasse es aber nicht, nur weil es out ist.

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