„Ist der Ruf erst einmal ruiniert, lebt’s sich gänzlich ungeniert“ veranschaulicht die Auswirkungen der öffentlichen Meinung auf den Epimenides-Effekt, wodurch Aussagen wie „Wir werden uns ändern“ genauso paradox werden wie die Forderung an Epimenides, endlich die Wahrheit zu sagen.
Epimenides ist der bekannteste Lügner der Welt. Er war ein antiker Philosoph aus Kreta, der öffentlich verkündete: „Alle Kreter lügen.“ Das bereitet bis heute Kopfzerbrechen. Hat er gelogen oder die Wahrheit gesagt? Achtung: Er war selbst ein Kreter, also nach seinen eigenen Aussagen ein Lügner. Wenn er ein Lügner ist, lügt er nicht, weil er zugibt, ein Lügner zu sein. Kurz gesagt: Wenn er die Wahrheit sagt, lügt er. Wenn er lügt, sagt er die Wahrheit.
Der Kommunikationsspezialist weiß: „Ist der Ruf erst einmal ruiniert, lebt’s sich gänzlich ungeniert.“ Warum ist das so? Weil die öffentliche Meinung den Epimenides-Effekt erzeugt. Wir erinnern uns an den Fall Brent Spar von Shell. Das Unternehmen, das verkündet: „Vertraut uns! Wir werden uns ändern,“ wird zum Kreter. Logisch ausgedrückt lautet der Satz: „Heute lügen wir noch, aber ab morgen sagen wir die Wahrheit.“ Das kann man jedoch nicht glauben, denn es ist paradox. Dabei spielt es keine Rolle, wie der Satz formuliert ist. „Wir werden nicht ruhen.“ Warum sollte man das glauben, wenn es gesagt werden muss? Das Bekenntnis ist genauso paradox wie die Aufforderung: „Sei spontan!“ Wer sagt: „Glaube mir!“ sagt damit das Gegenteil.
Genau darin besteht der Epimenides-Effekt. Für die öffentliche Meinung zählt, wer etwas sagt. Die Unterscheidung zwischen Wahrheit und Lüge betrifft die öffentliche Meinung, nicht das Unternehmen. Daher muss das Unternehmen kein Lügner sein, um zum Kreter zu werden. Die Aussage „Wir sind gut, wahrhaftig und glaubwürdig“ wird nicht erst zum Paradox, nachdem der Ruf ruiniert wurde. Solche Botschaften sind der erste Schritt, um den Ruf zu ruinieren.
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